Wer sein Handeln auf das Zustandekommen von äußeren Voraussetzungen baut, wird immer ein Stück weit Spielball des Schicksals bleiben. Die Alternative? Die Perspektive „Die Welt prüft nur gerade meinen Willen“. Und die Entscheidung, diese Prüfung auch erfolgreich zu bestehen.
Eine Liste an Kurzgeschichten die ein immer gleiches Grundmuster beschreiben ließe sich beliebig fortsetzen. Immer geht es darum einen Plan/eine Vision zu haben, und um eine grundlegende Erschütterung der grundlegenden Voraussetzungen für die Umsetzung dieser Vision. Und damit der Frage: Aufgeben – oder trotzdem durchziehen?
Wenn sich solche Situationen im Leben häufen (wie es bei mir in den letzten Monaten interessanterweise oft der Fall war), kann man geneigt sein dies als Zeichen zu werten dass „die Welt es eben nicht zulassen will“ oder „Die Welt mir sagen will, dass die Entscheidung falsch war“. Und so lässt man die Vision, so schön sie auch ursprünglich wirkte, eben wieder sterben.
Aus purer Notwendigkeit ist in mir im Laufe der letzten Monate jedoch eine konstruktivere Betrachtungsweise zu der Problematik entstanden: die Welt prüft mich und die Ernsthaftigkeit meiner Entscheidung.
Jeder kann das tun was er sich vornimmt solange alles gut läuft. Interessant wird es dort, wo es nicht gut läuft. Mache ich auch unter schwierigen Voraussetzungen weiter? Lasse ich meine Richtung von den Voraussetzungen diktieren, oder bestimme ich diese Richtung (weitgehend) unabhängig von den Voraussetzungen?
Im ersteren Fall werde ich gewissermaßen Spielball unkontrollierbarer Mächte bleiben. Im zweiten werde ich lernen müssen, Widerstände auszuhalten und auch bei „schwierigem Seegang“ auf Kurs zu bleiben.
Die Perspektive „Das ist jetzt eine Prüfung“ hilft mir, auch mit kleineren oder größeren Katastrophen gelassener umzugehen. Diese zeigen uns nämlich nur (wenn auch oft schmerzlich) unsere inneren (oft verborgenen) WENN-DANN-SONST-Konstruktionen auf: „WENN ich noch mehr als X€ am Konto habe DANN kann ich an meinem Ziel weiterarbeiten, SONST brauche ich einen Job“. Sobald der Kontostand nun X unterschreitet (oder sich X nähert) geht man in der WENN-DANN-SONST-Sichtweise davon aus dass die Vision (jetzt) nicht umsetzbar ist. Die Vision ist somit eine bedingte Vision, abhängig von Voraussetzungen.
Die Prüfungs-Perspektive hingegen fragt ganz konkret: ist es dir wichtig genug, auch Unannehmlichkeiten in Kauf zu nehmen? Welche Risiken willst du eingehen? Was bist du bereit, möglicherweise dafür zu opfern? Sie ermöglicht ein bedingungsloses JA.
Auch die bedingungslose Vision braucht zu ihrer Umsetzung Voraussetzungen, kann mit den Widerständen wachsen und sich verändern. Aber im Unterschied zur bedingten Vision wird sie nicht aufgrund von fehlenden Voraussetzungen sofort und absolut aufgegeben. Um im navigatorischen Bild zu bleiben: der Sturm wird womöglich umschifft, oder es wird für die Dauer des Sturms geankert, aber die langfristige Ausrichtung und der Wille zum Erreichen des Ziels bleiben aufrecht.
Die Vizerektorin der Pädagogischen Hochschule meinte vor einigen Jahren als es um Anrechnungen meines Auslandsjahres ging mal sinngemäß zu mir: „Es macht überhaupt keinen Sinn, Ihnen Steine in den Weg zu legen, Sie werden Ihren Weg auf Dauer ohnehin gehen.“ Das fand ich einen bemerkenswerten Satz von ihr, der mich in schwierigen Situationen begleitet hat.
In den Jahren nach dieser Aussage sind mir vom Leben immer wieder Steine in den Weg gelegt worden, aber sie hat sich im Großen und Ganzen auf Dauer bewahrheitet. Und ich habe noch etwas herausgefunden: Wenn eine unbedingte Vision stark genug verfolgt wird, dann hilft das Leben auch bei ihrer Verwirklichung. Aber nur, wenn man die Willens-Prüfungen auch besteht:
Gerade an letzterem Beispiel lässt sich eines gut deutlich machen: unsere rationalen WENN-DANN-SONST-Konstruktionen blenden oft Möglichkeiten aus, die zwar real existieren aber die wir (noch) nicht sehen können. So kann es sein, dass an sich umsetzbare Visionen begraben werden weil wir nicht bereit sind, die dafür notwendigen Risiken und Unwägbarkeiten lange genug auszuhalten.
Daher nochmal die Frage: Wer oder was richtet dein Leben aus? Unwägbare Voraussetzungen? Oder du selbst? Lässt du dich von Steinen, die dir in den Weg gelegt werden, aufhalten? Oder erkennst du, wie es in einem wunderschönen Spruch formuliert ist, auch die Möglichkeit, daraus etwas Schönes zu bauen?
Niklas